Räumliche Arbeiten von Susanne Wadle kennen über ihre plastische Präsenz hinaus eine weitere Daseinsform: Sie können Kristallisationspunkte von künstlerischen Handlungen sein, die dann auch photographisch dokumentiert werden. … Auch »Höhle« fungiert in der Doppelrolle, plastisches Objekt und Handlungsgegenstand zu sein. Die äussere Hülle der ovalen Form ist aus vernähtem (bengalischem) Hanf aufgebaut, nach innen kleidet leuchtend orangefarbene Kunstfaser sie aus. An zehn Stellen öffnet sich die Hohlform zum Außenraum: an ihren beiden Enden mit einfachen Öffnungen und über den Korpus verteilt durch Ausstülpungen, deren »Mund« in Holzringen endet. In ihrer schön geschwungenen Form lassen diese Holzeinsätze einen organischen Ursprung des Gebildes vermuten und rufen damit die Vorstellung von einem Lebewesen wach. Der geradezu einladende Kunstpelz im Inneren lässt andererseits aber auch an ein Nest denken, das also »warme und weiche Wohnung« für Lebendiges wird. Eine großformatige Photoarbeit zeigt denn auch einen Menschen im Inneren der Höhle. … Neben Hanf und Kunstpelz verarbeitet die Künstlerin auch Fell und Leder – Materialien mithin, die sich dem semantischen Feld von Haut zuordnen lassen. Der (Orginal-)Lederbezug des Objekts »Sessel« mutet an wie lebendige Haut, zumal fellummantelte »Organe« sich aus ihm herausstülpen oder ihn aber überwuchern wie prasitäre Gewächse. Die hellen Köpfe der Fellteile recken sich tentakelgleich in alle Himmelsrichtungen und führen so eine Existenz zwischen Pflanze, Tier und Geschlecht.
Quelle: Juliane Huber in »Mit Haut und Haaren, Susanne Wadle«, Heilbronner Museumskatalog, Heilbronn 1999, ISBN: 3-930811-80-4

Lebenslauf
1966, geboren | 1986-94, Studium der Bildenden Kunst und Geographie an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz | 1992, École des Beaux Arts, Dijon | 1994-98, Studium der Bildhauerei an der staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Prof. Harald Klingelhöller | 1997/98, Meisterschülerin an der Staatlichen Akademei der Bildenden Künste Karlsruhe | lebt und arbeitet in Mainz, Landau und Koblenz

Preise/Stipendien (Auszug)
1989, Salzburgstipendium der Stadt Mainz und des Kunstvereins Eisenturm | 1991, Kunst am Bau. Auftrag/Beteiligung, Integrierte Gesamtschule Mainz-Bretzenheim | 1992, Stipendium des deutsch-französischen Jugendwerks, Bad Honnef | 1994, Förderpreis Kunst am Taubengarten, Grünstadt | 1995, Albert-Haueisen-Förderpreis | 1996, Stipendium Kloster Cismar, Schleswig Holstein | 1998/99, Asterstein-Stipendium des Ministeriums für Kultur, Jugend, Familie und Frauen, Rheinland-Pfalz

Einzel- und Gruppenausstellungen (Auszug)
1992, Das Bochum-Projekt, Kunsthalle Darmstadt und Jahrhunderthalle Bochum / Kunststudenten aus Dijon, Kunstakademie Budapest | 1993, Emy-Roeder-Preis, Kunstverein Ludwigshafen | 1994, Objekte und Malerei, Studio, Kunststation Kleinsassen | 1995, Raum, Höhen, Vorsprünge, Villa Streccius, Landau | 1996, Tuchfühlung, Flottmannhallen, Herne | 1997, Galerie der Stadt Mainz, Brückenturm | 1998, Galreie Tilo Ruppert, Landau | 1999, Mit Haut und Haaren, Südstudio, Städische Museen Heilbronn

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